Bundesverfassungsgericht hebt Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur sachgrundlosen Befristung auf
Nach § 14 Abs. 2 TzBfG ist die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber nicht bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat. Das Bundesarbeitsgericht legte mit Urteil vom 6. April 2011 – 7 AZR 716/09 – das Tatbestandsmerkmal „bereits zuvor“ dahingehend aus, dass in Anlehnung an die regelmäßige Verjährungsfrist des § 195 BGB Vorbeschäftigungen beim selben Arbeitgeber, die länger als drei Jahre zurückliegen, nicht zu berücksichtigen sind.
Diese Änderung der Rechtsprechung war sowohl in der Literatur als auch in der Instanzrechtsprechung umstritten. So stellte bereits das LAG Baden-Württemberg mit Urteil vom 26. September 2013 – 6 Sa 28/13 – fest, dass die Grenzen der richterlichen Rechtsfortbildung gegen den eindeutigen Wortlaut der Norm und den aus dem Gesetzgebungsverfahren erkennbaren Willen des Gesetzgebers, keine Frist in das Gesetz aufzunehmen, durch das Bundesarbeitsgericht überschritten seien.
Dieser Auffassung schloss sich nunmehr das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 6. Juni 2018 – 1 BvL 7/14 und 1 BvR 1375/14 – an. Die Gesetzesmaterialien und die Entstehungsgeschichte zu § 14 Abs. 2 TzBfG dokumentierten die konkrete Vorstellung von Bedeutung, Reichweite und Zielsetzung. Der Gesetzgeber habe klar entschieden, dass sachgrundlose Befristungen zwischen den Arbeitsvertrags-parteien grundsätzlich nur bei der erstmaligen Einstellung zulässig sein sollen und es hierfür keine zeitliche Begrenzung gebe.
Die richterliche Rechtsfortbildung dürfe nicht dazu führen, dass die Gerichte ihre eigenen materiellen Gerechtigkeitsvorstellungen an die Stelle derjenigen des Gesetzgebers setzten. Die Gerichte müssten die gesetzgeberische Grundentscheidung respektieren. Eine Interpretation, die sich über den klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers hinwegsetze, greife unzulässig in die Kompetenzen des demokratisch legitimierten Gesetzgebers ein.
Jedoch könne ein Verbot der sachgrundlosen Befristung bei nochmaliger Einstellung bei demselben Arbeitgeber unzumutbar sein, soweit eine Gefahr der Kettenbefristung in Ausnutzung der strukturellen Unterlegenheit der Beschäftigten nicht besteht und das Verbot der sachgrundlosen Befristung nicht erforderlich ist, um das unbefristete Arbeitsverhältnis als Regelbeschäftigungsform zu erhalten. Dies sei insbesondere der Fall, wenn eine Vorbeschäftigung sehr lange zurückliegt, ganz anders geartet oder von sehr kurzer Dauer gewesen ist. Hier nennt das Bundesverfassungsgericht Beispiele bei geringfügigen Nebenbeschäftigungen während der Schul- und Studienzeit, bei Werkstudierenden oder Zeiten der Aus- und Weiterbildung. In diesen Fällen können und müssen die Fachgerichte durch verfassungskonforme Auslegung den Anwendungsbereich von § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG einschränken.
Fazit zur sachgrundlosen Befristung
Durch den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts gilt nunmehr die Rechtslage, wie sie in der Zeit vor dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 6. April 2011 galt. Eine sachgrundlose Befristung ist demnach nicht mehr möglich, wenn zuvor zwischen den Vertragsparteien ein Arbeitsverhältnis bestanden hat. Auch wenn das Bundesverfassungsgericht diesen Grundsatz leicht einschränkt, sollte von diesem erst abge-wichen werden, wenn die ersten hierzu ergangenen Entscheidungen der Arbeitsgerichtsbarkeit ergangen sind.