Der Fall
Der Kläger, ein gemeinnütziger Verein, verwaltete in den Streitjahren 2014 bis 2018 insgesamt 18 sogenannte „unselbständige Stiftungen“. Diese wurden durch Schenkungen unter Auflage oder Treuhandverträge mit den jeweiligen Stiftern errichtet. Der Verein verpflichtete sich, das übertragene Vermögen getrennt von seinem eigenen zu verwalten und ausschließlich für die vom Stifter vorgegebenen gemeinnützigen Zwecke zu verwenden. Für diese Verwaltungsleistungen erhielt der Kläger jährlich gestaffelte „Stiftungsbeiträge“.
Das Finanzamt sah hierin steuerpflichtige Leistungen gegen Entgelt. Das Finanzgericht (FG) Münster hingegen verneinte die Steuerbarkeit mit der Begründung, es liege kein Leistungsaustausch vor, da die „unselbständigen Stiftungen“ keine umsatzsteuerrechtlichen Leistungsempfänger seien und der Kläger lediglich eigenes Vermögen verwalte.
Die Entscheidung
Der BFH hob das Urteil des FG auf und verwies die Sache zur weiteren Aufklärung zurück. Er stellte klar, dass die Verwaltungsleistungen des Klägers sehr wohl steuerbare Leistungen sein können – und zwar gegenüber den Stiftern. Hervorzuheben sind folgende Kernaussagen des Urteils:
- Sondervermögen als Leistungsgegenstand: Für die Steuerbarkeit genügt es, dass sich die Leistung auf ein Sondervermögen bezieht, auch wenn dieses zivilrechtlich im Eigentum des Leistenden steht. Entscheidend sind die wirtschaftliche Trennung und die Zweckbindung des Vermögens.
- Vertragliche Grundlage: Neben der unentgeltlichen Schenkung unter Auflage wurde ein eigenständiger entgeltlicher Geschäftsbesorgungsvertrag (§ 675 BGB) geschlossen. Dieser begründet ein umsatzsteuerlich relevantes Rechtsverhältnis. Dieses – und damit der steuerbare Leistungsaustausch – entfällt, wenn der Stifter verstirbt und er keinen Rechtsnachfolger hat, der in die Rechte und Pflichten des Auftragsverhältnisses eintritt.
- Verbrauchsfähiger Vorteil: Der Stifter erhält durch die Verwaltung einen verbrauchsfähigen Vorteil, da er Einfluss auf die Verwendung des Vermögens behält und die Verwaltung auf seine Zwecke ausgerichtet ist. Der Vorteil liegt nicht im Eigentum, sondern in der zweckgerichteten Verwendung.
- Vergleich mit Kapitalanlagegesellschaften: Analog zur Verwaltung von Sondervermögen durch Kapitalanlagegesellschaften liegt auch hier eine entgeltliche Leistung vor, wenn der Verwalter aus dem Sondervermögen eine Vergütung entnimmt.
- Keine Steuerfreiheit: Mangels einschlägiger Befreiungsvorschriften sind die Leistungen grundsätzlich steuerpflichtig; die Anwendbarkeit des ermäßigten Steuersatzes ist im Einzelfall zu prüfen.
Ausblick
Das Verfahren wurde an das FG Münster zurückverwiesen, um die vertraglichen Grundlagen der weiteren 17 Stiftungen zu prüfen. Dabei ist insbesondere zu klären, ob auch dort entgeltliche Verwaltungsleistungen vorliegen und ob Personal- und Sachkostenerstattungen als Entgelt zu werten sind.
Praxis-Hinweis
Das Urteil kann erhebliche Auswirkungen auf die umsatzsteuerliche Behandlung von Treuhandmodellen im gemeinnützigen Bereich haben. Es stellt klar, dass auch bei zivilrechtlich unselbständigen Vermögensmassen ein steuerbarer Leistungsaustausch vorliegen kann, wenn ein wirtschaftlich fremdnütziges Sondervermögen verwaltet und hierfür ein Entgelt gezahlt wird. Zudem betont der BFH die Bedeutung der wirtschaftlichen Realität über formale Eigentumsverhältnisse hinaus. Die Entscheidung stärkt damit die unionsrechtlich geprägte Sichtweise auf den Unternehmerbegriff und den Leistungsaustausch. Für gemeinnützige Organisationen, die ähnliche Treuhandmodelle nutzen, empfiehlt sich eine sorgfältige Prüfung der Vertragsgestaltung und der umsatzsteuerlichen Behandlung der Verwaltungsvergütungen.