Entschädigungsanspruch bei Benachteiligung wegen der Religion

In einer aktuellen Entscheidung musste sich das Arbeitsgericht Karlsruhe (Urteil vom 18. September 2020 – 1 Ca 171/19) mit der Frage befassen, ob es bereits eine Benachteiligung darstellt, wenn in einer Stellenanzeige die Bewerber aufgefordert werden, ihre Konfession anzugeben. Dem Urteil liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Die Evangelische Landeskirche in Württemberg hatte eine Sekretari

Bei Benachteiligung aufgrund der Religion im Bewerbungsverfahren besteht Entschädigungsanspruch 

 

In einer aktuellen Entscheidung musste sich das Arbeitsgericht Karlsruhe (Urteil vom 18. September 2020 – 1 Ca 171/19) mit der Frage befassen, ob es bereits eine Benachteiligung darstellt, wenn in einer Stellenanzeige die Bewerber aufgefordert werden, ihre Konfession anzugeben.

Dem Urteil liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Die Evangelische Landeskirche in Württemberg hatte eine Sekretariatsstelle bei der geschäftsleitenden Oberkirchenrätin zu vergeben. In der Stellenanzeige wurden die Interessenten aufgefordert, ihre Bewerbungsunterlagen „unter Angabe der Konfession“ zu übersenden. Die Klägerin bewarb sich auf die Stelle und teilte in ihrer Bewerbung mit, dass sie konfessionslos (Atheistin) sei und bestätigte dies nochmals im Bewerbungsgespräch. Nachdem sie eine Absage erhalten hatte, erhob sie Klage auf Schadensersatz nach § 15 AGG mit der Begründung, sie sei wegen ihrer Konfessionslosigkeit und daher aufgrund der Religion benachteiligt worden. Sie trug vor, dass die Aufforderung, die jeweilige Konfession anzugeben, ein Indiz dafür darstelle, dass konfessionslose Bewerber geringere Chancen als Kirchenmitglieder hätten. Auch erfordere die ausgeschriebene Stelle keine Religionszugehörigkeit als wesentliche berufliche Anforderung.

Die Beklagte erwiderte unter anderem, dass eine bestimmte Konfessionszugehörigkeit nicht Voraussetzung für eine Einstellung gewesen sei. Die Angabe der Konfession diene lediglich der Überprüfung, ob ein Bewerber sich mit den kirchlichen Aufgaben identifiziere. Daneben erfordere die ausgeschriebene Tätigkeit auch eine „positive innere Überzeugung hinsichtlich der geistlichen und Leitungs- und Verkündigungsaufgaben“ der Oberkirchenrätin. Letztlich hätten auch die Leistungen der Klägerin nicht überzeugt.

Das Arbeitsgericht verurteilte die Beklagte zur Zahlung eines Schadensersatzes in Höhe von 1,5 Bruttomonatsgehältern. Das Gericht führt aus, dass die Forderung nach Angabe der Konfession signalisiere, dass diese Angabe für die Auswahlentscheidung eine Rolle spielen kann. Dies werde dadurch verstärkt, dass die Beklagte auch in der für sie geltenden Grundordnung der Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft besondere Bedeutung beimisst. Infolgedessen liege eine Benachteiligung vor, die nicht gemäß § 9 Abs. 1 AGG gerechtfertigt sei. Dies wäre der Fall, wenn die Religion eine wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung darstellt.

Bei der ausgeschriebenen Stelle handele es sich aber um eine „verkündigungsferne Tätigkeit“, die nicht geeignet ist, die Glaubwürdigkeit der Kirche und ihrer Verkündigung zu beeinträchtigen. Dabei spiele es auch keine Rolle, dass die Tätigkeit für die Oberkirchenrätin ausgeübt werden sollte, da nicht vorgetragen worden sei, inwiefern bei Einstellung eines konfessionslosen Bewerbers die wahrscheinliche und erhebliche Gefahr bestanden hätte, dass Ethos oder Glaubwürdigkeit der Kirche nach außen beeinträchtigt werden. Das Gericht ließ die mögliche Mitursächlichkeit der Konfessionslosigkeit für die Nichteinstellung für einen Schadensersatzanspruch ausreichen; dass möglicherweise andere Gründe entscheidend waren, sei unbeachtlich.

Fazit zur Benachteiligung aufgrund der Religionszugehörigkeit

Die Entscheidung verdeutlicht, dass kirchliche Arbeitgeber bei Bewerbungsverfahren sorgfältig darauf achten müssen, ob die Stelle tatsächlich eine bestimmte Konfessionszugehörigkeit erfordert. Andernfalls setzen sie sich dem Risiko aus, auf Schadensersatz wegen Diskriminierung in Anspruch genommen zu werden.

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