Ärztliche Behandlungen im Rahmen der Kooperation eines Krankenhauses mit einem Subunternehmer können umsatzsteuerbefreit sein

Für die Umsatzsteuerbefreiung humanmedizinischer Heilbehandlungen nach § 4 Nr. 14 Buchstabe a UStG ist es unschädlich, wenn diese Behandlungen durch angestellte Ärzte eines Kooperationspartners bzw. Subunternehmers unter Zuhilfenahme der Mittel und in den Räumlichkeiten eines anderen Kooperationspartners an den Patienten dieses Kooperationspartners vorgenommen werden. So urteilte der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 18. Oktober 2023 – XI R 18/20, bestätigt damit seine Rechtsprechung und räumt überdies ein weiteres steuerliches Hindernis für klinikträgerübergreifende medizinische Behandlungen aus dem Weg.


Der Fall

Der Kläger war Betreiber einer privaten Klinik, die mit ihrem Ärzteteam Heilbehandlungen durchführte und in Anlehnung an die DRG-Fallpauschalen abrechnete. Diese Leistungen, zusammen mit den nach der GOÄ abgerechneten wahlärztlichen Leistungen, unterfielen nach gerichtlicher Klärung durch die Vorinstanz (FG Düsseldorf, Urteil vom 19. Juli 2019 – 1 K 907/17 U) der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 UStG bzw. Art. 132 Abs. 1 Buchstabe b MwStSystRL.

Darüber hinaus hatte der Kläger eine Kooperationsvereinbarung mit einem Krankenhaus abgeschlossen, welche vorsah, dass das Ärzteteam der Privatklinik Heilbehandlungen gesetzlich krankenversicherten Patienten zugutekommen ließ. Diese Heilbehandlungen wurden in den Räumlichkeiten und mit den Mitteln des Kooperationskrankenhauses vorgenommen. Hintergrund der Kooperation war vorliegend, dass die Privatklinik selbst keine Einzelfallzusage der gesetzlichen Krankenkassen erhielt und die gesetzlich krankenversicherten Patienten an das Kooperationskrankenhaus vermittelte. Die Abrechnungshoheit für die Heilbehandlungen lag demnach beim Kooperationskrankenhaus, die Privatklinik erhielt vereinbarungsgemäß einen Anteil an den abzurechnenden DRG-Fallpauschalen. Für die Nutzung der Krankenhausmittel und des Krankenhauspersonals war insoweit keine Vergütung der Privatklinik an das Krankenhaus zu zahlen. Das Kooperationskrankenhaus trat nach außen hin als Erbringer der Heilbehandlung auf. Der Einsatz der Ärzte der Privatklinik erfolgte auf Grundlage einer konsiliarärztlichen Vereinbarung, welche die Eigenverantwortlichkeit der behandelnden Ärzte hervorhob.

Strittig war im Revisionsverfahren die umsatzsteuerliche Würdigung der Leistungserbringung im Innenverhältnis durch die Privatklinik an das Kooperationskrankenhaus. Die Finanzverwaltung und die Vorinstanz sahen in der Leistung der Privatklinik an das Kooperationskrankenhaus eine Art von Personalgestellung. Mangels Unmittelbarkeit der Leistungserbringung der Privatklinik an Patienten sei keine Grundlage für die Steuerbefreiung als humanmedizinische Heilbehandlung der Leistung des Klägers gegeben, denn diese bestünde gerade nicht in einer Heilbehandlung, sondern in der Gestellung von behandelndem Personal an das Kooperationskrankenhaus. Folglich sei die Leistung der Privatklinik an den Kooperationspartner nicht von den Befreiungsvorschriften des § 4 Nr. 14 UStG umfasst und umsatzsteuerpflichtig.
 

Die Entscheidung

Dem widersprach der BFH. Die zugrunde zu legenden Verträge seien abweichend von der Auffassung der Finanzverwaltung und der Vorinstanz so auszulegen, dass die von der Privatklinik geschuldete Leistung nicht in einer Personalgestellung bestand. Umgekehrt lag auch keine Personal- und Sachmittelgestellung des Kooperationskrankenhauses an die Privatklinik vor. Stattdessen sei als von der Privatklinik geschuldete Leistung die Heilbehandlung selbst anzusehen. Die behandelnden Ärzte hatten ihre Behandlungen selbständig erbracht und waren dem Kooperationskrankenhaus gegenüber nicht weisungsgebunden. Vorrangig sind die therapeutischen Zwecke der erbrachten Leistungen für die steuerliche Würdigung zu betrachten. Durch die Vorschrift begünstigte Heilbehandlungen sind mit Rückgriff auf die EuGH-Rechtsprechung „Leistungen, die zur Diagnose, Behandlung und, so weit wie möglich, Heilung von Krankheiten oder Gesundheitsstörungen dienen“.

Die von der Privatklinik durch Hilfspersonen in Form der angestellten Ärzte gegenüber dem Kooperationskrankenhaus, respektive den dort aufgenommenen Patienten, erbrachten Behandlungen sind nach § 4 Nr. 14 Buchstabe a UStG von der Umsatzsteuer befreit. Unschädlich für die Steuerbefreiung ist, dass die Leistungserbringung in den Räumlichkeiten des Kooperationskrankenhauses und mit dessen Mitteln durchgeführt wurde. Ebenso kommt es nicht auf ein Vertrauensverhältnis, sprich eine unmittelbare Leistungsbeziehung, zwischen dem Erbringer (der Privatklinik mittels ihrer Ärzte) und dem Patienten an. Ferner spielt auch die Rechtsform des die Heilbehandlungsleistungen Erbringenden für die Steuerbefreiung keine Rolle.

Mit dem Urteil bestätigt der BFH seine bereits mit dem Urteil vom 21. April 2021 – XI R 12/19 – begründete Rechtsprechung, mit welcher Subunternehmerleistungen an ein Krankenhaus im Intensivpflegebereich als nach § 4 Nr. 14 Buchstabe a UStG umsatzsteuerbefreite Heilbehandlungsleistungen angesehen werden können.
 

Fazit

Kooperationen bei medizinischen Behandlungen zwischen zwei oder mehr rechtlich und organschaftlich unabhängigen Krankenhäusern können aufgrund des politisch verordneten Wandels der Krankenhauslandschaft an Attraktivität gewinnen, um dem geforderten Spezialisierungsanspruch Rechnung zu tragen und gleichzeitig eine umfassende Versorgung unter Beachtung der Wirtschaftlichkeit zu gewährleisten. Mit der vorliegenden Entscheidung hat der BFH seine Rechtsprechung bestätigt und nimmt kooperationswilligen medizinischen Dienstleistern die Sorge, die Umsatzsteuer bei ihren Leistungen gegenüber den in der Regel nicht vorsteuerabzugsberechtigten Krankenhäusern einkalkulieren zu müssen. Die kooperierenden Krankenhäuser befreit es wiederum von der Last, eine nicht abzugsfähige Vorsteuer zusätzlich zu der eingekauften Kooperationsleistung bezahlen zu müssen.

Hervorzuheben ist jedoch, dass die gelungene Umsetzung der BFH-Rechtsprechung in der Praxis eine passende vertragliche Ausgestaltung zwischen den Kooperationspartnern erfordert. Die reine Personal- und Sachmittelgestellung, die nicht in der eigenverantwortlichen Erbringung von Heilbehandlungen durch die gestellende Klinik resultiert, könnte gegebenenfalls weiterhin als sonstige Leistung der Umsatzsteuer unterworfen sein, sofern sie sich nicht unter die eng mit Krankenhausbehandlungen verbundenen Umsätze im Sinne des § 4 Nr. 14 Buchstabe b UStG subsumieren lässt. Bei entsprechender steuerpflichtiger Berechnung würde dies anstelle eines trägerübergreifenden Synergieeffektes einen Kostennachteil darstellen. Eine nachträglich im Rahmen einer Betriebsprüfung festgestellte Steuerpflicht der irrtümlich als steuerbefreit behandelten Leistungen kann auch zur Steuerfalle für die gestellende Klinik werden, gerade wenn mangels passender Vereinbarungen nur eine Nettogegenleistung vom Kooperationspartner geschuldet wurde.

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